Einlass 30 Minuten vorher
Moderation: Roland Wehl
Die beiden Gesprächspartner stehen sich politisch alles andere als nahe. Kann es also sein, dass sie aneinander vorbeireden und sich nichts zu sagen haben? Oder stimmen sie am Ende in wichtigen Punkten sogar überein? Ein Gesprächsabend zu den Themen Nation, Identität – und die Grundlagen unserer Verfassung.
Ein Satz der ehemaligen Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Aydan Özoguz, wird wohl lange in Erinnerung bleiben: ihre Behauptung, dass eine spezifisch deutsche Kultur jenseits der Sprache „schlicht nicht identifizierbar“ sei. Damit sprach sie der Mehrheitsgesellschaft nicht nur eine eindeutige Identität ab, sondern beantwortete die Frage nach Zuwanderung und Integration mit dem Hinweis auf die Beachtung von Rechtsnormen und Sprachkenntnissen des Deutschen.
Wie sehr dies an der Realität der gegenwärtigen Debatte um Migration und Integration bzw. um eine künftige Einwanderungsgesellschaft vorbeigeht, zeigt der Fall des deutschtürkischen Fußballspielers Mesut Özil. Die Kritik an seiner sportlichen Leistung entwickelte sich schnell zu einer politischen Auseinandersetzung um Herkunft und Akzeptanz, um Teilhabe und Anerkennung von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland.
Welche Rolle spielt die Kultur – die eigene wie die fremde – für unser Zusammenleben? Welche Bedeutung hat das Wissen um die eigene Herkunft?
Gerade unser Grundgesetz, auf das in der Integrationsdebatte so oft Bezug genommen wird, ist weit mehr als nur das Ergebnis eines rechtsnormativen Prozesses im Rahmen der Verfassungsgebung. In das Grundgesetz ist die leidvolle Erfahrung der jüngeren deutschen Geschichte eingeschrieben. Deshalb kann unsere Verfassung kann nur derjenige wirklich verstehen, der bereit ist, sich mit der jüngeren deutschen Geschichte auseinanderzusetzen.
Wer nach Deutschland kommt, wird Teil der deutschen Verantwortungsgemeinschaft, wenn er es ernst meint mit dem Wunsch, hier heimisch zu werden. Dazu muss er auch sein eigenes kulturelles Erbe befragen, inwieweit es zu einer liberalen weltoffenen Gesellschaft passt und es sich mit deren Selbstverständnis verträgt. Am Ende geht es um die Frage, wieviel Homogenität eine Gesellschaft braucht, damit sie funktionieren kann; und wieviel Homogenität sie von ihren Bürgern verlangen muss.
Gerade die jüdisch-deutsche Geschichte könnte für die aktuelle Debatte modellhaft sein: sowohl was die Gefahren einer anwachsenden rassistischen Grundstimmung in unserer Gesellschaft betrifft als auch was die Möglichkeiten des friedfertigen Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion angeht. Jüdisches Leben in Deutschland ist heute wieder mehr als das Wissen um Opfer und Vernichtung. Jüdische Erinnerung endet nicht in den Vernichtungslagern des Holocaust. Daraus erwächst die Hoffnung auf Respekt und auf gegenseitige Anerkennung, ohne die ein gedeihliches Zusammenleben nicht denkbar ist.
Darüber wollen der Publizist Konrad Adam, ein ausgewiesener Konservativer und Mitbegründer der AfD, und der Erziehungswissenschaftler und Publizist Micha Brumlik, in dessen Lebenswerk die Frage der Verständigung zwischen Juden und Christen sowie zwischen – wie er selbst formuliert – „Juden und Deutschen“ eine zentrale Rolle einnimmt, miteinander sprechen.
Im Kohlenkeller geht es auch musikalisch zu, wenn kein Konzert stattfindet. Zu Beginn singen wir häufig ein Lied, das der Gast bzw. Referent ausgesucht hat. Zum Ende wird das Buffet eröffnet, zu dem wir Sie schon jetzt herzlich einladen.