Einlass 30 Minuten vorher
Moderation: Roland Wehl
Angesichts von Migration und Fluchtbewegungen fürchten die einen den Verlust des Vertrauten, wo andere von wirtschaftlichem Gewinn und neuen kulturellen Erfahrungen sprechen. Was bedeutet diese unterschiedliche Sichtweise für den Zusammenhalt in unserem Land? Welches Fundament braucht eine Gesellschaft, die sich demokratischen und solidarischen Zielen verpflichtet fühlt? Peter Brandt spricht über die Grundlagen sozialer Demokratie – und über das Missverständnis, wenn von „Bevölkerung“ die Rede ist.
Woher kommt die deutsche Lust der Selbstüberhöhung? Wie ist die Arroganz zu erklären, mit der deutsche Politiker der Welt erklären, was falsch und richtig ist? Haben wir von deutschen „Sonderwegen“ noch immer nicht genug? Scheitert die Idee des vereinten Europa am Ende ausgerechnet an Deutschland – und unserer deutschen Form der Europa-Begeisterung? Und was hat das mit dem Begriff des „Volkes“ zu tun?
1976 lobte der Historiker Karl-Dietrich Bracher die Entwicklung der westdeutschen Bundesrepublik zu einer „postnationalen Demokratie“ – und als Vorbild für alle anderen europäischen Nachbarn. Dass die Deutschen in der DDR dabei außen vor blieben, schien ihn nicht zu stören. In einem Interview (link), das der Journalist Michael Hirz vor wenigen Monaten geführt hat, kritisiert der Historiker Heinrich August Winkler, dass die „postnationale“ Rhetorik deutscher Politiker den europäischen Einigungsprozess erschwert.
Die Ablehnung, auf die der Begriff des „Volkes“ zunehmend stößt, ist dafür ein Beispiel. In der Demokratie ist das Volk der „Souverän“ – und damit das höchste Staatsorgan. „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“, heißt es im Grundgesetz. Was sagt also der Umgang mit dem Begriff des Volkes über das demokratische Bewusstsein der Bürger aus?
Zur Person des Referenten:
Prof. Dr. Peter Brandt ist Historiker und Publizist. Er ist Direktor des Instituts für europäische Verfassungswissenschaften an der Universität Hagen, Sprecher des Historischen Promotionskollegs über „Gesellschaftliche Interessen und politische Willensbildung“ und Vertrauensdozent der Hans-Böckler-Stiftung. Peter Brandt ist u.a. Mitglied der Friedrich-Ebert-Stiftung, des Kuratoriums der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung, des Beirats des Willy-Brandt-Archivs und der Historischen Kommission beim SPD-Parteivorstand. Außerdem ist er Sprecher des Kuratoriums der Deutschen Gesellschaft, Gründungsmitglied des Kondylis–Instituts für Kulturanalyse und Alterationsforschung sowie Herausgeber des Online-Magazins Globkult (link). Peter Brandt hat sich wissenschaftlich und politisch mit Fragen nationaler Bewegungen und des nationalen Selbstverständnisses beschäftigt. Er hat sich seit den 1970er Jahren – auch publizistisch – für die Überwindung der deutschen Teilung eingesetzt.