Filmabend:
Gespräch mit und über Rudi Dutschke

Beginn: Fr., 24.04.2015, 19:00 Uhr

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IMG_2885Der Film „Rudi Dutschke – sein jüngstes Porträt“ stammt aus dem Jahr 1968. Noch bevor der Film fertiggestellt war, ereignete sich das Attentat auf Rudi Dutschke. Am 11. April 1968 schoss der junge Hilfsarbeiter Josef Bachmann auf dem Kurfürstendamm in West-Berlin – vor dem Büro des „Sozialistischen Deutschen Stundenbundes“ (SDS) – auf Dutschke. Er traf ihn in den Kopf und in die Schulter.

Rudi Dutschke erlitt lebensgefährliche Gehirnverletzungen. Bachmann wurde wegen versuchten Mordes zu sieben Jahren Haft verurteilt. Elf Jahre nach dem Attentat – am 24. Dezember 1979 – starb Rudi Dutschke an den Spätfolgen der Verletzungen.

Die tiefe christliche Prägung Rudi Dutschkes und seine außergewöhnliche Persönlichkeit zeigten sich auch in dem Verhalten gegenüber dem Attentäter. Nach der Verurteilung Bachmanns nahm Rudi Dutschke Kontakt mit Josef Bachmann auf, um sich mit ihm zu versöhnen und ihn für ein sozialistisches Engagement zu gewinnen. Er besuchte Josef Bachmann im Gefängnis. Für den Attentäter brach damit eine Welt zusammen. Der Mensch und Christ Rudi Dutschke widersprach in jeder Hinsicht dem Feindbild, das Josef Bachmann im Kopf gehabt hatte, als er den Mordanschlag auf Rudi Dutschke verübte. Diese Einsicht trieb Josef Bachmann zur Verzweiflung – und war wohl mit verantwortlich für seinen Selbstmord am 24. Februar 1970. Nachdem Josef Bachmann sich im Gefängnis das Leben genommen hatte, bedauerte Dutschke, ihm nicht öfter geschrieben zu haben. Rudi Dutschke schrieb in sein Tagebuch: „[…] der Kampf für die Befreiung hat gerade erst begonnen; leider kann Bachmann daran nun nicht mehr teilnehmen […]“.

Bild Rudi Dutschke 2Gedreht wurde der Film von Wolfgang Venohr, der 2005 verstorben ist (das Foto stammt vermutlich von Venohrs jüngerem Bruder Wolfram).

Wolfgang Venohr atte einen besonderen Blick auf die deutsche Geschichte. Die Fragen, die er Rudi Dutschke in diesem Interview stellt, sind andere als sonst üblich – und lassen aufhorchen. Mir jedenfalls ging es so, als ich den Film zum ersten Mal sah.

Das tiefe Verständnis und die große Sympathie, die Wolfgang Venohr Rudi Dutschke entgegenbrachte, hing auch mit seinem eigenen Lebenslauf zusammen. Wolfgang Venohr wurde am 15. April 1925 in Berlin geboren. Mit sechzehn Jahren meldete er sich freiwillig zur Waffen-SS. Er hat dies nach 1945 nie verheimlicht – anders als manch anderer. Nach dem Krieg studierte Wolfgang Venohr an der FU Berlin Geschichte und Germanistik und wurde mit einer Arbeit über ein militärgeschichtliches Thema promoviert. Danach folgten Tätigkeiten als Volontär und Redakteur bei den Nürnberger Nachrichten, als Verkaufsleiter bei der UFA-Werbefilm und als Chefdramaturg bei der Fernsehgesellschaft der Berliner Tageszeitungen. Ab 1965 war er einige Jahre Chefredakteur von Stern TV. In seinem Büro hingen Porträts von Stauffenberg, Scharnhorst, Gneisenau – und Che Guevara.

Zwischen 1969 bis 1974 wurde Wolfgang Venohr einem breiten Publikum bekannt, weil er damals als einziger westdeutscher Journalist direkt aus der DDR berichten durfte.

Zentrale Themen Venohrs waren die Geschichte Preußens und der militärische Widerstand gegen Adolf Hitler. Er verfasste Bestseller wie, die Roten Preußen, Preußische Profile (zusammen mit Sebastian Haffner) und Fridericus Rex, Der Soldatenkönig, Ludendorff, Napoleon in Deutschland, Erinnerung an eine Jugend, Die Abwehrschlacht, Stauffenberg und weitere Sachbücher. 1982 brachte Venohr das Buch Die deutsche Einheit kommt bestimmt heraus, in dem er Autoren unterschiedlicher politischer Herkunft („von links bis rechts“) zusammenbrachte. Zu den Autoren gehörten u.a. Herbert Ammon und Peter Brandt. Das Buch wurde vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker im Bundestag mit Lob bedacht.

Der Historiker Peter Brandt würdigte Wolfgang Venohr in einem Nachruf als „eigenständigen Geist, dessen zugleich betont preußischer und schwarz-rot-goldener Nationalpatriotismus frei von besitzbürgerlicher Befangenheit und reaktionärem Spießertum war.“ Kann man Wolfgang Venohr mit wenigen Worten besser beschreiben?

Wir danken der Witwe Wolfgang Venohrs, Almute Venohr, die auch selbst anwesend war, für ihre Unterstützung. Ohne sie hätte dieser Filmabend nicht stattfinden können.

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